(ENG Below)
Wer sind die Kunst- und Kulturarbeiter*innen von heute, womit sind sie konfrontiert, was repräsentieren sie? Wie stellen sich Kunst- und Kulturarbeiter*innen Räume der Repräsentation vor, die interdependente Praktiken ermöglichen? Wie können Institutionen Selbstorganisation im kulturellen Bereich unterstützen und Teil davon sein?
Der Anknüpfungspunkt zwischen der Ausstellung Sieh Dir die Menschen an! - Das neusachliche Typenporträt in der Weimarer Zeit und der Straßenzeitung Arts of the Working Class ist das Bild der Arbeiter*innen, im Speziellen das sich wandelnde Bild der Kultur- und Kunstarbeiter*innen. Es geht darum, zeitgenössische Verhältnisse zu Produktionsmitteln und zum eigenen (kollektiven) Körpers zu eruieren. AWC wendet sich Keynotes, Workshops und künstlerischen Interventionen einer feministischen und intersektionalen Sichtweise zu.
Obwohl sich die künstlerische Arbeit in vielerlei Hinsicht heute diversifiziert hat, hält sich das Stereotyp des*der über allem erhabenen Künstlers*in hartnäckig, während eine große Zahl von Kulturarbeiter*innen in einem nicht vereinheitlichten, deregulierten kulturellen Feld weiterhin in einer unsichtbaren Weise existiert und an der Produktion beteiligt ist.
Entgegen einer vereinzelnden Perspektive beharrt eine neue wachsende künstlerische Arbeiter*innenklasse jedoch keineswegs auf ihrer Unabhängigkeit, sondern arbeitet explizit kollaborativ und in Kollektiven, wobei sie ihre sozio-ökologische, sozio-kulturelle und sozio-ökonomische Interdependenz ebenso anerkennt, genauso wie die Verflechtung von infrastruktureller und organisatorischer Arbeit mit der Kunstproduktion.
Wenn es um Repräsentation und Selbstrepräsentation von Kunst- und Kulturarbeiter*innen geht, müssen wir diese als zwei verschiedene Kategorien betrachten. Im “Art Workers’ Summit” werden Perspektiven von Sichtbarkeit und politischer Durchsetzungskraft diskutiert und u.a. in den musealen Kontext gesetzt.
Während die Künstler*innen der Weimarer Republik nach Gesichtern von Arbeiter*innen suchten, hat ein größeres Publikum heute kaum eine Vorstellung von den Gesichtern der zeitgenössischen Kulturschaffenden, die sich aktiv für die Organisation sinnvoller Interaktion und Zusammenarbeit einsetzen. In einer Zeit, in der sich die Bilderwelt diversifiziert hat und visuelle Trends nur noch kurzlebig sind, mag sich die Suche nach dem Gesicht als überwunden erweisen, doch bleibt die Frage, wie diese Praktiken und Praktiker sichtbar und erkennbar werden können.
Freitag 13.10.2023 14.30-18:00
Online
Zoom Link
Code: Unions
Samstag 14.10.2023 14:00 - 19:30
Künstlerhaus Stuttgart
Reuchlinstraße 4B, 70178 Stuttgart
Um Anmeldung wird gebeten unter fuehrung@kunstmuseum-stuttgart.de
Art Workers’ Summit - Ablauf
Freitag, 13. Oktober 2023
Keynotes, Online
14h30
Begrüßung durch die Kooperationspartner*innen:
Arts of the Working Class, Kunstmuseum Stuttgart, Kulturamt Stuttgart, Künstlerhaus Stuttgart
15h
Eröffnung (in Deutscher und Englischer Sprache)
Was von den Aktivitäten der Aktivist*innen übrig bleibt, am Beispiel der L'Union des Refusés, von den Gründer*innen der Arts of the Working Class
15h30-16h30
Keynote über Solidarity Trinity (in Englischer Sprache)
Yin Aiwen wird das Konzept und die Theorie der Trinität der Solidarität (The Solidarity Trinity) vorstellen, ein Forschungsansatz aus ihrem Gamification-as-Research-Projekt "The Alchemy of Commons" mit der Pädagogin und Gemeindeaktivistin Yiren ZHAO. Die Trinität der Solidarität besagt, dass Arbeit, Beziehung und Raum für die Entstehung von Solidarität in einem kollektiven Umfeld unerlässlich sind. In ihrem Beitrag wird Aiwen Beispiele aus dem Kulturbereich vorstellen, in denen die angestrebte Solidarität scheitert, und Analysen und Handlungsempfehlungen für ein widerstandsfähiges, vielfältiges und inklusives Miteinander anbieten.
16h45 - 17h45
Keynote über die Organization of Art Workers within Museums (in Englischer Sprache)
Dana Kopels Keynote wendet sich gegen die gängige Darstellung der Arbeit von Kunstschaffenden als gar keine Arbeit. Der Beitrag wirft einen Blick auf die Organisierungsbemühungen, die in den letzten Jahren in Museen und Kunstinstitutionen stattgefunden haben, und besteht auf einer Kritik an der Rolle der Kunst und der Kunstwelt innerhalb des sogenannten Racial Capitalism.
Samstag, 14. Oktober 2023
Zusammenkommen im Künstlerhaus Stuttgart
14h00-16h00
Workshop über die Rolle von Auftraggeber*innen in Kulturproduktion (in Deutscher Sprache)
Alexander Koch erzählt in seinem Beitrag von den Neuen Auftraggebern, einem Modell, das neue Beziehungen zwischen Künstler*innen, Communities und Publikum schafft. Indem lokale Bürger*inneninitiativen – begleitet durch Mediator*innen – Künstler*innen mit Werken beauftragen, die vor Ort etwas verändern, verändern sich auch die üblichen Rollen aller Beteiligten. Es entstehen Ökosysteme für eine gemeinwohlorientierte Kunst, der viel gelingen kann, die aber auch vor großen Herausforderungen steht.
17h00-18h30
partizipative Diskussion (in Englischer Sprache)
Wie können unsere politisch vergossenen Tränen zu einem tatsächlichen Strukturwandel führen? Welche konkreten Maßnahmen müssen ergriffen werden und wie? Das mühsame Schreiben von Verträgen wird oft unter den Teppich gekehrt und führt zu unsichtbarer Arbeit. Doch Kämpfe, die langfristig wirksam sein sollen, müssen eine schriftliche Form finden. Wie kann diese Arbeit aus ihrem Schattendasein heraustreten und künstlerische Arbeitsbedingungen verbessern? Zwei von Kulturarbeiter*innen betriebene Organisationen treffen sich mit einer verbündeten Institution. Zoë Claire Miller ist Künstlerin und eine der beiden Sprecher*innen des berufsverband bildender künstler*innen berlin, der eine lange und bewegte Geschichte hat. Art Workers Italia, eine unabhängige und überparteiliche Organisation, wurde erst kürzlich gegründet und wird für diesen Anlass von der Künstlerin Alice Pedroletti vertreten. Eric Golo Stone stellt eine institutionelle Perspektive und die spezifische Situation des Künstlerhauses Stuttgart vor. U. a. in Form einer geführten Meditation wird die grundsätzliche Bedeutung von Vertrags- und Richtlinienarbeit beschworen.
19h00
Zusammenkommen: Drinks und Suppe
Participative Performance by Dina El Kaisy Friemuth als gemeinsames Check-out
Artistic documentation
Wir haben zu den Veranstaltungen Artist/Documenters eingeladen, die das Summit begleiten werden und ihre Erfahrungen in einem Beitrag für die kommende Ausgabe der Arts of the Working Class (Issue 29, Launch: 1.12.2023) verarbeiten werden:
Naomi Rado (Kuratorin und Autorin, Mitglied von Synnika e.V.)
Jeronimo Voss (Künstler und Vermittler, Mitglied von Synnika e.V.)
Marta Stanisława Sala (Künstlerin)
Dina El Kaisy Friemuth (Künstlerin)
Barrierefreiheit
Wir bemühen uns um Barrierearmut. Wir werden die einzelnen Programmteile live mit Otter.ai untertiteln lassen. Für weitere Anfragen bezüglich Assistenz, Wegbeschreibung oder Zugänglichkeit für Rollstuhlfahrer wenden Sie sich bitte an hey@artsoftheworkingclass.org.
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ENG
Who are the culture and art workers of today, what are they confronted with, and what do they represent? How do art and cultural workers imagine spaces of representation that enable interdependent practices? How can institutions support and be part of self-organization in the cultural field?
The connecting point between the exhibition Sieh Dir die Menschen an! - Das neusachliche Typenporträt in der Weimarer Zeit and the street newspaper Arts of the Working Class is the image of workers, in particular the transforming perception of culture and art workers. This summit is about exploring contemporary relationships to the means of production and to one's own (collective) body. AWC offers keynotes, workshops, and artistic interventions from a feminist and intersectional perspective.
While artistic work has diversified in many ways nowadays, the stereotype of the superior artist persists, while a large number of cultural workers continue to invisibly exist and participate in the production of a disunified, deregulated cultural field.
However, contrary to an individualistic perspective, an emerging artistic working class does not insist on its independence, but works explicitly collaboratively and in collectives, recognizing its socio-ecological, socio-cultural, and socio-economic interdependence, as well as the intertwining of infrastructural and organizational work with art production.
When it comes to representation and self-representation of culture and art workers, we have to consider them as two different categories. In the Art Workers' Summit, perspectives of visibility and political assertiveness will be discussed and, among other things, set in the museum context.
While artists of the Weimar Republic searched for the faces of workers, a more general audience today may have little concept of the contemporary faces of cultural practitioners who are actively engaged in organizing meaningful interaction and collaboration. In an era in which imagery has diversified and visual trends are ephemeral, the search for a representational face may appear to have been overcome, but the question remains as to how the above-mentioned practices and practitioners can become visible and identifiable.
Friday 13.10.2023 14.30-18:00
Online
Zoom Link
Code: Unions
Saturday 14.10.2023 14:00 - 19:30
Künstlerhaus Stuttgart
Reuchlinstraße 4B, 70178 Stuttgart, Germany
If you consider participating, please register at fuehrung@kunstmuseum-stuttgart.de
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Art Workers’ Summit - Schedule
Freitag, 13. Oktober 2023
Keynotes, Online
14h30
Welcome by the cooperation partners
Arts of the Working Class, Kunstmuseum Stuttgart, Kulturamt Stuttgart, Künstlerhaus Stuttgart
15h
Opening (in German and English language)
What remains of the activists' work, as exemplified by L'Union des Refusés, by the founders of Arts of the Working Class.
15h30-16h30
Keynote on the Solidarity Trinity (in Englischer Sprache)
Yin Aiwen will share the concept and theorization of The Solidarity Trinity, a research thread from her gamification-as-research project “The Alchemy of Commons” with educator and community activist Yiren ZHAO. The Solidarity Trinity suggests Labour, Relationship, and Space are integral to the making of solidarity in a collective environment. In the talk, Aiwen will share study examples in the cultural fields where the intended solidarity fails, offering analysis and action points to form resilient, diverse, and inclusive togetherness.
16h45 - 17h45
Keynote on the Organization of Art Workers within Museums (in Englischer Sprache)
Dana Kopel’s keynote is pushing against the common framing of art workers' labor as not labor at all. The input takes a look at the organizing efforts that have taken place in museums and art institutions in the past years and insists on a critique of the role of art and the art world within racial capitalism.
Samstag, 14. Oktober 2023
Gathering at Künstlerhaus Stuttgart
14h00-16h00
Workshop about the role of commissioners in cultural production (in German)
In his contribution, Alexander Koch talks about the New Commissioners [orig. die neuen Auftraggeber], a model that creates new relationships between artists, communities, and audiences. When local citizens' initiatives - accompanied by mediators - commission artists with works that change something locally, the usual roles of all participants also change. Ecosystems are created for a community-oriented art that can succeed in many ways but also faces great challenges.
17h00-18h30
Participatory Conversation (in English)
How can our tears shed over politics lead to actual structural change? What concrete measures need to be taken, and how? The tedious writing of contracts is often swept under the carpet and leads to invisible work. But struggles that are to be impactful in the long term must find a written form. How can this work emerge from obscurity and improve labor conditions in the arts? Two organizations run by cultural workers meet an allied institution. Zoë Claire Miller is an artist and one of the two spokespersons of the Artists Association Berufsverband Bildender künstler*innen Berlin, which has a long and turbulent history. Art Workers Italia, an autonomous and non-partisan association, was established recently and is represented for the occasion by artist Alice Pedroletti. Eric Golo Stone introduces an institutional perspective and the specific situation of the Künstlerhaus Stuttgart. Among other shapes of exchange, the fundamental meaning of contract-making and policy work will take the form of an incantation as guided meditation.
19h00
Get together: Drinks and soup
Participative Performance by Dina El Kaisy Friemuth as collective Check-out
Artistic documentation
We have invited Artists/Documenters to the events, who will accompany the Summit and process their experiences into a contribution to the upcoming issue of Arts of the Working Class (Issue 29, Launch: Dec. 1, 2023):
Naomi Rado (curator and writer, member of Synnika e.V.)
Jeronimo Voss (artist and educator, member of Synnika e.V.)
Marta Stanisława Sala (artist)
Dina El Kaisy Friemuth (artist)
Accessibility
We strive to be accessible. We will have the individual program parts subtitled live with Otter.ai. For further inquiries regarding assistance, directions, or wheelchair accessibility please contact hey@artsoftheworkingclass.org.
With the support of and in collaboration with Kunstmuseum Stuttgart, Künstlerhaus Stuttgart, Stadt Stuttgart, and Staatliche Kunsthalle Baden-Baden.
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Bios
ART WORKERS ITALIA is a grassroots, autonomous and non-partisan association founded in 2020 that collaborates with experts to build ethical, contractual, and legal tools to protect art workers. AWI operates in coordination with other initiatives in Italy and abroad, and in solidarity with all precarious workers, to reform the sector and make it more inclusive, sustainable, and transparent. AWI acts towards the recognition of work and its regulation, the redistribution of resources, and the eradication of all forms of exploitation.
Yin Aiwen is a practicing designer, artist, theorist, strategist and project developer who uses writing, system design and time-based art to examine the social impact of planetary communication technologies. She advocates relationship-focused design as a strategy to redesign, re-engineer and reimagine the relationship between technology and society. Besides publishing and exhibiting internationally, she also works as a strategist and researcher for cultural institutions.
Dina El Kaisy Friemuth‘s critical and collective artistic practice unpacks the complexity of collectivity and belonging. Their work aims to create environments that center feminist figures through storytelling. Their practice is often created in collaboration with other cultural workers and involves artistic, curating, and writing practices. El Kaisy Friemuth holds a MFA from the Royal Danish Academy of Fine Arts (Copenhagen) and Berlin University of the Arts.
Alexander Koch is a curator, gallery owner, and author. He is co-founder of Galerie KOW in Berlin and Neue Auftraggeber in Germany, and since 2017 director of the Gesellschaft der Neuen Auftraggeber.
Dana Kopel is a writer, editor, and former union organizer living in Los Angeles, where she is pursuing a PhD in US labor history at UCLA.
Zoë Claire Miller lives and works in Berlin as an artist and organizer. She studied Romanic languages, philosophy and ethnology at the University of Heidelberg, sculpture at the UdK Berlin and the Kunstakademie Karlsruhe, and received her diploma in 2010. She co-founded the Society for Matriarchal World Domination in 2019 and the Berlin Art Prize in 2013, politically she has been active on the board since 2016 and since 2018 as spokesperson of the Berufsverbands Bildender Künstler*innen Berlin, which with over 2700 members is one of the largest associations of visual artists in Germany.
Alice Pedroletti is an artist and researcher based in Berlin. Her work deals with archiving as an artistic practice. She focuses on photography and sculpture investigated through architecture and geography. Alice won the Italian Council Grant (9th Edition) and is a member and collaborator of AWI - Art Workers Italia.
Naomi Rado is a studied art historian, who works as an independent curator and writer. Her research focuses on the intersection between avant-garde modernism and Marxist art theory as well as on the question of contemporary forms of political, especially feminist art practice. She is co-initiator of the feminist collective +FEM and since 2019 a board member of Synnika.
Marta Stanisława Sala has lived and worked in Berlin since 2016. With a DAAD scholarship, Sala conceived her multi- and mixed-media project “Besser nicht mitmachen” (2017-2020) encompassing textile, video and social theories of precarity, for which she earned an MA degree in Art in context from the Berlin University of the Arts. Her latest projects include the social art project “Arbeitspause im Görli” (Work Break at Görlitzer Park, 2021) with German artist Johanna Reichhart and others, the Jewish remembrance culture project “Esther’s Willow” (ongoing since 2020) with her sister Katarzyna Sala and American artist Robert Yerechmiel Snidermann, visual anthropological research and installation “‘Ostgeld’ for Ghosts” (2022).
Eric Golo Stone is a writer, curator, and artist whose varied practices consistently examine the political economy of art. His work analyzes and enacts the socioeconomic structures and governance arrangements by which art institutions operate. Since January 2020 he has been the artistic director of the Künstlerhaus Stuttgart.
Jeronimo Voss is an artist and educator, who works in Frankfurt/Main and Basel. His artistic practice of time-based media focuses on the tensions of collective, historical, and personal measures of time. He is teaching at the Institute Art Gender Nature at HGK FHNW Basel and has been a member of several collective initiatives such as the Realism Working Group since 2008 and Synnika since 2019.
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Image Caption:
Rudolf Schlichter, Hausvogteiplatz, 1926
Sammlung Christina und Volker Huber, Offenbach am Main
© Viola Roehr-v. Alvensleben, München