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Es gibt (k)eine rassistische Polizei in Deutschland

Dieser Essay ist die erweiterte Version einer Rede, die 14. Juni 2020 von Mitglieder*innen der Migrantifa, während der Antirassismus Block Demonstration in Berlin gehalten wurde.

  • Jun 26 2020
  • Jazmina Figueroa
    is a writer based in Berlin and is currently completing a master’s at Potsdam University on the Anglophone Modernities in Literature and Culture program. Figueroa has contributed to publications including 0.1% Zine (Massive Science & NAVEL, 2020) and Observations and Artistic Strategies in the Post-digital Age (Valiz, 2017).

Am 6. Juni 2020, als die Stummdemonstration auf dem Alexanderplatz zu Ende ging, griff die Berliner Polizei über 90 Demonstranten an und verhaftete sie - bei den Opfern handelte es sich mehrheitlich um Schwarze und PoC. Diese Demonstration war eine Gelegenheit für Deutschland, Solidarität mit der wachsenden Black Lives Matter-Bewegung in der ganzen Welt zu zeigen. Diejenigen, die an diesem Tag der Polizeibrutalität ausgesetzt waren, trugen und äußerten zusammen mit 15.000 anderen Demonstranten ähnliche Botschaften. Dennoch wurden sie aufgrund der rassistischen Volkserzählungen und der konservativen Moralpanik, die in Deutschland die Medien um Schwarze und Farbige überschwemmen, als Straftäter und Aggressoren vom Staat herausgegriffen und als solche betrachtet.

Von der Polizei kontrolliert zu werden bedeutet, vertrieben, überwacht und als Staatsfeind*in gehandelt zu werden. Die Opfer von Racial Profiling und Attacken nach der „Silent Demo" haben ihr Recht ausgeübt gegen Polizeigewalt in Deutschland zu protestieren. Um dieses Recht auszuüben, begaben sie sich zum Alexanderplatz nur um dort exzessiver und unnötiger Staatsgewalt ausgesetzt zu werden. Die ganze Polizeidienstelle, und nicht nur einzelne Polizist*innen, ist verantwortlich, wenn es zu rassistisch motivierten Momenten von Polizeigewalt gegenüber Zivilist*innen kommt. Rückblickend auf die dokumentieren Szenen von Polizeigewalt am 6. Juni, ist die Berliner Polizei nicht in der Lage Verantwortung für die gezielten Angriffe und Verhaftungen zu tragen, folglich, hält die Polizei damit eine Botschaft der Konformität systemischer Gewalt aufrecht, die rassistischen Motiven entspricht, welche die Polizeiarbeit so oft mit sich bringt.

Grenzübergreifende Aktionen der Polizei sind eine militarisierte Kontrollmethode von spezifischen Bevölkerungsgruppen und Gemeinschaften. Vorfälle von Polizeigewalt in Deutschland betreffen überdurchschnittlich häufig schwarze Menschen und PoCs – wie auch in vielen anderen Ländern deren Geschichte tief verwurzelt im Imperialismus und Kolonialismus ist. 

Während viele das Ansteigen von rassistischen Spannungen dem Aufstieg vom Rechtspopulismus und nationalistischen Diskursen zurechnen, zeigen Kevin F. Steinmetz, Brian P. Schaefer und Howard Henderson in ihrer soziologisch-kriminologischen Analyse der rassistischen Handlungen der Polizei in der USA auf, dass diese direkt mit der langen Geschichte des Imperialismus und des Kolonialismus verbunden sind.

Rather than viewing such inequalities as stemming from amorphous systems of “racism” in social consciousness, colonialism provides an explanatory mechanism dialectically nuanced and grounded in the historical materialist formations of contemporary society, including its institutions of social control. Recent crises in American policing are not new developments. They are the products of long-running contradictions in American society—contradictions an attunement to colonialism helps unravel. (1)

 

Es wär ein guter Schritt in Richtung einer anti-rassistischen Gesellschaft, Deutschland als Teilnehmer der kolonialen Herkunft, die den anhaltenden Status des Weißseins und die Affirmation des Weißseins als koloniales Exportgut konstruiert hat, anzuerkennen.

 

Auch Deutschland hält einen Status weißer Vorherrschaft durch Kapital und konstitutionelle Macht aufrecht, gebildet aus dem, was Steinmetz, Schaefer, Henderson als koloniale Logik und koloniales Erbe beschreiben, von dem Deutschland nicht nicht befreit ist. Der Status des Weißseins und die Geschichte weißer Gewalt sind Kontinuation des Kolonialismus, tief verwurzelt im systemischen Rassismus. Heutzutage erkennbar in dem Versagen die Polizei in Verantwortung wie im Rahmen des neuen Anti-Diskriminierungsgesetz zu ziehen oder in den enttäuschend, unzureichenden Ermittlungen in Richtung von der Verstrickung von Rechtsextremen in der deutschen Polizei.

Es wär ein guter Schritt in Richtung einer anti-rassistischen Gesellschaft, Deutschland als Teilnehmer der kolonialen Herkunft, die den anhaltenden Status des Weißseins und die Affirmation des Weißseins als koloniales Exportgut konstruiert hat, anzuerkennen. Weißsein und die Affirmation des Weißseins werden durch Klasse, Armut und Besitz geprägt. (2) Weißsein und die Affirmation des Weißseins ist charakteristisch für alle repressiven Systeme, auf denen Weißsein aufbaut und durch sie es weiterhin reproduziert wird. Weißsein und die Affirmation des Weißseins fördern die Bewaffnung der Polizei, um das Konstrukt selbst zu beschützen. Folgend ist die Korrelation zwischen Handlungen der Polizei und Rassismus unwiderlegbar. Deutsche Polizeidienststellen ziehen Unterstützer*innen von rechtsgerichtetem Gedankengut an, da bestimmte Handlungen der Polizei als repressive Kontrolle durch den Staat fungieren.

Die Vorfälle der Polizeigewalt am 6. Juni sind geschehen, weil der Polizei die Mittel und der Schutz, um diese Angriffe durchzuführen gestellt werden. Was in der Vergangenheit mehrmals zum Tod eines schwarzen Menschen oder einer PoC in den Händen des Staates geführt hat. Gewalttätige Eskalationen und Morde durch die Polizei wurden in Deutschland schon unzählige Male dokumentiert und gemeldet. Polizeigewalt wurde schon länger durch ein historisch, nordamerikanisches Narrativ kritisch betrachtet, aber es ist eine Erfahrung, die alle Minderheiten in ganz Europa teilen. Die Wurzel des Übels ist mit den Handlungen der Polizei und Polizeigewalt in allen Kontinenten das Gleiche: Sie ist ein Resultat der Verteidigung der kolonialen Staatsmacht und Herrschaft.

Rassismus existiert nicht nur als gewaltvolle Einzeltaten, ausgeführt durch Rechtsextreme. Rassismus kann sich selbst in Formen, wie in dem Hanauanschlag, wo neun Menschen durch einen rassistischen, deutschen Terroristen getötet wurden, präsentieren. Aber Rassismus besteht auch weiter in der Weise in der Ausweitung des europäischen Grenzregimes, in der Aufrechterhaltung von Institutionen die mit kulturellem Kapital Weißsein fördern und in der Kontrolle und Überwachung von schwarzen Menschen und PoCs in deutschen Städten durch die Polizei.

Bewusste anti-rassistische Arbeit dient der Aufdeckung von verdeckter und systematischer Gewalt gegen Migrant*innen, PoCs und schwarzen Menschen in Deutschland. Sich selbst empathisch in die Praktiken von anti-rassistischer Arbeit zu integrieren bedeutet sich selbst kritisch gegenüber den rassistischen Systemen oder Ideologien zu positionieren. Rassismus begründet sich in der kolonialen und imperialistischen Vergangenheit eines Nationalstaates. Anti-rassistische Arbeit, bedeutet davon Kenntnis zu nehmen, inwiefern man an diesen rassistischen Systemen teilgenommen oder nur zögerlich Widerstand gegen diese geleistet hat.

Sich gegen Rassismus zu solidarisieren, bedeutet anzuerkennen, wie tief verankert institutionelle Hegemonie, Polizeiarbeit, Grenzkontrollen und Rechtsextremismus in einen kolonialen, kapitalistischen und rassistischen System, welches schwarze Menschen, Migrant*innen und PoCs mit verschiedenen Unrechtsformen durch weiße Vorherrschaft konfrontiert, ist. Da immer mehr Ländern partizipieren in einer globalen Bewegung für Zivil- und Menschenrechte gegen den systematischen Rassismus in den Vereinigten Staaten, fängt das Engagement für Anti-Rassismus an mit der Frage: Was ist die Geschichte von

Vertreibung und was sind ihre Konsequenzen, die uns heute, zusammen, hier hergebracht haben, um gegen eine rassistische Polizei und gegen Polizeigewalt zu protestieren und uns zu solidarisieren?

 



  • FOOTNOTES
    .
    (1) Steinmetz, K. F., Schaefer, B. P., & Henderson, H. (2017). Wicked Overseers: American
    Policing and Colonialism. Sociology of Race and Ethnicity, 3(1), 68–81.

    (2) Harris, Cheryl I., Whiteness as Property. Harvard Law Review, Vol. 106, No. 8, p. 1707,
    1993; UCLA School of Law Research Paper No. 06-35.

    IMAGE CREDITS
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    Karina Rovira

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