Gespräche mit Drogen
Wisst ihr, liebe Leser*Innen, was genau genommen meine Einstiegsdroge war? Von Zucker mal abgesehen, war das schlichtweg Koffein. Also Cola, das süße Gift. Zucker und Koffein im Quadrat. Doch ehe ich mich in Details vertiefe, etwas weniger ernst, jedoch keineswegs nur spaßig gemeint, ein typischer Dialog mit den beiden Sorgenkindern Koffein und Kokain. Es ist 6 Uhr morgens. 6 Uhr 20 morgens. Ich trinke den unvermeidlichen Kaffee und nehme eine Nase von der Koka.
Ich so: Na, Mama Koka, noch da? Sie so: Was denkst du? So schnell wirst du mich auch nicht los! Ich so: Abwarten, Fräulein. Stille. Gedanke: Verflixt! Mein Kaffee wird kalt. Der Kaffee so: Na wat’n, sagst doch selber immer kalter Kaffee macht schön. Na los du, es gibt sicher viel zu tun da draußen. Ich: Ja, nicht, dass ich wieder die Hälfte vergesse, sachte - volles Rohr Konzentration - wenn ich pfusche, bist du schuld! Kaffee: Hey, deine Routine, deine Verantwortung. Du musst ja dazu nicht auch noch kiffen oder Koka nehmen. Ick: Verflixt, hätte grünen Tee trinken sollen. Ick: Na, wenn das alles so weitergeht, sind wir bald eh am Arsch. Dann entferne ich mich aus der Situation, nehme sie wahr wie die Stimmen aus dem Off.
Pause.
Nun liegen doch Welten zwischen Kaffee und Kokain, und dazwischen noch mal die feinen Abstufungen. Kokain ist eine Verführerin. Um es genauer zu erklären: Kokain und besonders Crack sind wie eine Belohnung für etwas, auch wenn man gar keinen Grund hat, sich zu belohnen. Es ist der Knopf, auf den selbst die Affen im Laborversuch immer wieder drücken. Ein Knopfdruck-Universum, wie es eine Freundin von mir mal genannt hat. Dir ist nicht klar, dass du es jeden Tag brauchst, bis es zu spät ist. Da kommen Gedankenstille und Selbstüberschätzung ins Spiel. Und um das immer wieder zu haben, schafft man dann auch das Geld ran und begibt sich ins Hamsterrad. Mir fällt eine Zeile aus dem Buch ein, das ich gerade lese. Da geht es eigentlich um Mathematik, genauer gesagt um Archimedes, der gesagt haben soll: “Gebt mir einen festen Punkt und ich hebe die Welt aus den Angeln". Das trifft es ziemlich gut. Denn Kokain ist auch eine Alleinherrscherin. Die sieht nicht gerne andere (Substanzen) und wenn sie es tut, dann kann das Jähzorn und Gewaltausbrüche hervor kitzeln. Die Nerven liegen blank, und so oder so gerät man letztendlich an den Rand der Gesellschaft und in Isolation.
Doch, liebe Leser*innen, wenn man aus solchen Prozessen aussteigt, ist es am Ende immer wieder derselbe Weg heraus aus dem Labyrinth. Dort muss man sich links oder rechts halten, alles auskundschaften und in die Sackgassen einbiegen, bis man schließlich raus ist. Den Faden entlang zurück. Und auch ich merke, dass ich durch das Schreiben bewegt werde, mich selbst von außen zu sehen. Es wird unpersönlicher und ich kriege langsam Luft. Versucht es doch mal selbst, sei es mit dem Tabak in der Zigarette oder dem Kaffee morgens. Gedankenstille, keine Berieselung. Es kann erstaunlich sein.
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